Soll ich oder soll ich nicht? Nach inzwischen einigen Jahren mit Ubuntu kam ich dieses Mal echt ins Grübeln.All die Jahre lang war das Vorgehen klar: Jedes halbe Jahr kommt eine neue Version von Ubuntu heraus, man schaut sich die Live-CD an und führt ein Update aus. Alle paar Jahre setzt man den Rechner ganz neu auf, um „Altlasten“ loszuwerden. Auf dem Netbook habe ich dann im letzten Oktober mal Linux Mint eine Chance gegeben. Das ist nicht schlecht, aber es bringt nichts entscheidend Neues. Nun also Ubuntu 11.04.
Die Reaktionen auf die neueste Version waren schon heftig, lange bevor eine Alpha-, geschweige denn Beta-Version zu sehen war. Grund: Die Entscheidung von Canonical, der Firma hinter Ubuntu, eine eigene Desktop-Oberfläche namens Unity zu bauen. Diese Oberfläche gibt es für Netbooks schon seit einigen Versionen und sie war anfangs furchtbar langsam. Für Ubuntu 11.04 wurde Unity in weiten Teilen neu geschrieben und verfeinert. Das Besondere daran: Es ist jetzt der Standard für Desktop- und Mobilrechner.
Auf dem Netbook war man also schon an den Anblick gewöhnt, aber auf „normalen“ Rechnern? Das geht den meisten Usern doch zu weit. Die Bedienung ist sehr anders als bei Gnome 2 und alles sieht auch ungewohnt aus. Um es kurz zu fassen: Die Benutzergemeinde hat viele Bedenken, auch weil Unity einen 3D-fähigen Grafiktreiber erfordert. Ob das gut geht?
Da die Diskussion um Unity schon länger geht, hatte man viel Zeit, sich Alternativen anzuschauen. SuSE baut normalerweise auf KDE, das in Version 4.6 inzwischen stabil läuft. Meine ersten Schritte habe ich ja vor vielen Jahren mit SuSE gemacht, aber es hat mir jetzt mit einigen Jahren Abstand nicht gefallen. Ein anderer Kandidat war/ist Fedora: Die neueste Version 15 wird mit Gnome 3 und der Gnome Shell herauskommen. Noch ist diese Version aber im Betastadium. Gnome 3 hat mit Unity optisch und vom Konzept her sehr viel gemeinsam, so weit ich das nach ersten Tests sehen konnte.
Sollte sich da ein Wechsel lohnen? Wie gesagt, optisch ist das ähnlich. Aber es geht ja nicht nur um die Optik. Ich bin zwar kein Kommandozeilen-Guru, aber so manche Handgriffe haben sich doch eingeschliffen. Fedora baut auf dem RPM-Paketsystem auf. Ich wüsste gar nicht, wie ich dort Pakete und Programme installiere, aktualisiere und entferne. Die Community ist ein weiteres starkes Argument für Ubuntu: Bei so ziemlich allen Problemen kann ubuntuusers.de helfen. Ja, es gibt auch fedorausers.de. Vielleicht tu ich den Kollegen unrecht, aber da scheint mir bei Ubuntu mehr Manpower und Sachverstand dahinter zu stecken. Es ist halt die verbreitetste Distri, und das schlägt sich natürlich auch im Support nieder.
Um es kurz zu machen: Ich habe den kleineren von zwei möglichen Schritten gemacht und die neue Ubuntu-Version auf mein Netbook gespielt. Da die Home-Partition separat liegt, war das Risiko nicht so groß. Ein paar Systemdateien habe ich weggesichert und die meisten Einstellungen liegen ja in /home. Die ersten Eindrücke von Unity sind ganz gut, aber noch habe ich zuwenig gemacht, um ein endgültiges Urteil zu fällen. Was aber auch klar ist: Auf meinem Desktop-Rechner bleibt 10.04 LTS. In einem Jahr wissen wir dann, wohin sich Ubuntu weiterentwickelt. Unity in seiner jetzigen Form wäre mir für den Desktop zu verspielt. Wenn’s zu schlimm wird, kann man ja immer noch KDE oder LXDE einsetzen.